Logistikzentrierte Sicherheitsforschung
Forschung TH Wildau
Sichere Objektidentität

Logistikzentrierte Sicherheitsforschung

Logistikzentrierte Sicherheitsforschung

Einleitung

Unternehmen und Organisationen müssen in einem zunehmend widrigen Umfeld erfolgreich existieren. Vielfältig vernetzte Liefer- und Wertschöpfungsketten bergen das Potential für Wettbewerbsvorteile und einen erhöhten Kundennutzen. Mit steigender Vernetzung steigen aber auch die Abhängigkeit von verbindenden Diensten (wie bspw. IKT) und die Anfälligkeit gegenüber beabsichtigten und unbeabsichtigten Schadensfällen. Der Einfluss, den kleinere Ereignisse (z.B. Diebstahl von Ladungen, Ausfall von Lieferungen) und größere Ereignisse (z.B. Insolvenzen, Produktskandale, Naturkatastrophen) auf Unternehmen und Organisationen, und damit schlussendlich auch auf den einzelnen Kunden haben, ist sehr groß. Dies ist einerseits durch das Ereignis selbst bedingt, andererseits durch die in komplexen sozio-technischen Systemen präsenten Verstärkungseffekte. Das Ziel der Sicherheitsforschung ist daher die Erreichung eines größtmöglichen Sicherheitsniveaus mittels dauerhaft tragbarer Maßnahmen, um Unternehmen, Organisationen und den einzelnen Menschen in einer sich schnell wandelnden Welt zu schützen.

Aus diesen Herausforderungen ergeben sich folgende Forschungsthemen in der logistikzentrierten Sicherheitsforschung.

In diesem Rahmen ist die Forschungsgruppe Sichere Objektidentität schwerpunktmäßig in der Begleitforschung zu den Themen kritische Infrastrukturen, Einsatzkräftelogistik und Katastrophenlogistik tätig.

Kritische Infrastrukturen

Kritische Infrastrukturen (KRITIS) sind Einrichtungen und Organisationen mit erheblicher Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, deren Beeinträchtigung oder Ausfall weitreichende Folgen (z.B. Engpässe in der Lebensmittelversorgung, Störung der öffentlichen Sicherheit) haben würde. Zu den KRITIS zählen die Sektoren Ernährung, Energie, Informations- und Kommunikationstechnik, Gesundheit, Transport und Verkehr, Medien und Kultur, Wasser sowie Finanz- und Versicherungswesen. Die von der Forschungsgruppe Sichere Objektidentität adressierte „logistikzentrierte Sicherheitsforschung“ ist daher von besonderer Relevanz, denn Logistik (als hochrelevanter Subsektor von „Transport und Verkehr“) ist nicht nur selbst KRITIS, sondern auf Grund ihrer Querschnittsfunktion auch Bestandteil der KRITIS-Sektoren Ernährung, Energie, Gesundheit und Wasser.

Im Forschungsprojekt „Neue Strategien der Ernährungsnotfallvorsorge“ (NeuENV) wurde durch die Forschungsgruppe bereits direkt der Sektor Ernährung adressiert, indem die gegenwärtige und zukünftige Resilienz der Lebensmittelkette und ihrer Unternehmen sowie die Kapazitäten zur Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln auch unter krisenhaften Bedingungen untersucht wurden. Im Forschungsprojekt „Wirtschaftlichkeit von Sicherheitsmaßnahmen im öffentlichen Personenverkehr“ (WiSima) wird mit dem Sektor „Transport und Verkehr“ ein weiterer KRITIS-Sektor direkt adressiert. Hier werden Werkzeuge konzipiert, welche Unternehmen des öffentlichen Personenverkehrs die Messung der durch Sicherheitsmaßnahmen erzeugten subjektiven Sicherheit und die wirtschaftliche Bewertung der Effektivität von Sicherheitsmaßnahmen mittels betriebsüblicher Kennzahlen erlauben. Das Projekt „Containersicherheit durch vernetzte IT-Systeme“ (ContainIT) befasste sich mit dem selben Sektor und zielte auf die Absicherung des Seehafenhinterlandverkehrs für Containertransporte ab. Darüber hinaus befinden sich durch die Forschungsprojekte „Resilienz von Einsatzkräften bei eigener Betroffenheit in Krisenlagen“ (REBEKA) und „Sensorgestütztes Überwachungs- und Alarmierungssystem zur Detektion und Verfolgung unbemannter Flugsysteme (UAS)“ (ORAS) aktuell zwei Themen in Bearbeitung, welche zwar keinen KRITIS-Sektor direkt adressieren, aber allgemein dem KRITIS-Schutz dienen bzw. auf Ergebnisse abzielen, welche zu diesem Zweck eingesetzt werden können.

Die Forschungsgruppe hat sich auf die Analyse und Bewertung hochkomplexer Prozesse und Systeme inklusive ihrer Abhängigkeiten spezialisiert, wie sie innerhalb der verschiedenen KRITIS zu finden sind. Zudem sind umfangreiche Kompetenzen in der Quantifizierung unterschiedlicher Einflüsse (z.B. Bedrohungen) und Eigenschaften (z.B. Resilienz), der Konzeptionierung von handhabbaren Modellen und Werkzeugen sowie der Entwicklungen von Strategien und Maßnahmen zur Resilienzsteigerung vorhanden. Die Forschungsgruppe strebt daher weiterhin die Beteiligung bei Forschungsprojekten mit Bezug zu KRITIS an, treibt zusätzlich aber die Übertragung der in den Projekten gewonnenen Erkenntnisse in andere Kontexte (z.B. eigenverantwortliche Resilienzsteigerung von Unternehmen) voran.

Einsatzkräfte- und Katastrophenlogistik

In Einsatzlagen ist auf die im Normalfall verfügbaren Infrastrukturen (z.B. Verkehrswege) und Ressourcen (z.B. Strom) oftmals kein Zugriff mehr, da sie auf Grund des Szenarios bzw. der Lage (z.B. Starkregenereignis) blockiert oder zerstört werden, zudem aus anderen Gründen (z.B. geplante Stromabschaltung) nicht verfügbar sind. Die Funktionsfähigkeit der Akteure kann daher nur mittels hochresilienter Prozessketten und Strukturen garantiert werden.

Im Forschungsprojekt „Neue Strategien der Ernährungsnotfallvorsorge“ (NeuENV) wurden durch die Forschungsgruppe bereits Maßnahmen zur Resilienzsteigerung der Lebensmittelkette und ihrer Unternehmen erarbeitet, welche zur Gewährleistung der Lebensmittelversorgung für die Bevölkerung auch in Krisenlagen beitragen können. Die Maßnahmen sehen auch die Einbindung der Akteure des Bevölkerungsschutzes (z.B. Deutsches Rotes Kreuz) als Verteilstruktur für Lebensmittel insbesondere in strukturschwachen Regionen vor und sind damit ein Wegbereiter für die in Krisenlagen oftmals für die erfolgreiche Lagebewältigung entscheidende Zusammenarbeit der verschiedenen Organisationen.

Des Weiteren werden im Forschungsprojekt „Resilienz von Einsatzkräften bei eigener Betroffenheit in Krisenlagen“ (REBEKA) die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk und die Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. direkt im Hinblick auf die Resilienz ihrer Prozessketten und Strukturen hin untersucht und Maßnahmen zur Resilienzerhöhung erarbeitet. Dabei wird insbesondere die mögliche eigene Betroffenheit der Organisationen durch die Lage selbst (z.B. durch Überflutung von Betriebsräumen, Betroffenheit der Familien von Helfern, zusätzliche Herausforderungen durch Informationsverluste) berücksichtigt.

Die Forschungsgruppe strebt weitere Projekte in diesem Themenfeld an, um die Kompetenzen zu stärken und den Wissenstransfer aus den bisherigen Projekten in unterschiedliche Praxisanwendungen zu realisieren. Zudem werden im Rahmen der Laborausstattung an der TH Wildau derzeit Anwendungsfälle für Einsatzkräfte erarbeitet, in denen etablierte und neue Technologien für verschiedene Einsatzzwecke (z.B. Einrichtung eines Ad-Hoc-Lagers) demonstriert, erprobt und beübt werden können. Dadurch soll eine Vorauswahl geeigneter Technologien und ihrer Anwendung im Kontext „Einsatzkräfte“ realisiert und die Implementierung in der täglichen Praxis der Organisationen vorbereitet werden.

Kontakt

Bei Fragen zum Forschungsfeld oder zu konkreten Projekten, schreiben Sie an jan.seitz@th-wildau.de.