Interview mit Erdal Ahlatςi
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Interview mit Erdal Ahlatςi

"... wenn man etwas macht, was Spaß macht und das aus Leidenschaft macht, dann wird man auch gut ..."

Das Gespräch zwischen Newroz Yildiz (HAYDİ-Relationship Management) und Erdal Ahlatςi, dem Geschäftsführer von movingimage wurde im Oktober 2019 in den Räumen der Firma aufgezeichnet.

 

Hallo Erdal, kannst du dich vorstellen?

Ich kann erzählen. Ich bin Erdal Ahlatςi. Ich bin nach Deutschland gekommen, da war ich 9 Jahre alt, also vor 40 Jahren. Mein Vater war Gastarbeiter erster Generation, ich bin quasi zweite Generation und ich bin in Bayern aufgewachsen, lebe seit über 20 Jahren in Berlin. Ich bin damals nach Berlin gekommen, um hier zu studieren. Ich habe über den zweiten Bildungsweg studiert. Das heißt, ich habe erst meinen Hauptschulabschluss, eine Ausbildung und dann verschiedene Jobs gemacht, in der Fabrik, in einem Restaurant und einem Café gearbeitet und vieles mehr. Mit 28 habe ich die mittlere Reife nachgeholt und mit 29 Abitur gemacht, mit 30 habe ich angefangen, in Bayern Informatik zu studieren, ein Semester in Regensburg. Weil ich politisch aktiv war und mit der bayerischen Politik nicht klarkam, bin ich nach Berlin umgezogen und habe Medieninformatik studiert. Nach meinem Studium habe ich erst als Sozialarbeiter gearbeitet, weil es mir Spaß gemacht hat, meine Erfahrungen an türkische und arabische Jugendliche weiterzugeben. Weil man da leider nicht genug Geld verdienen kann und da ich das studiert hatte, habe ich nochmal im IT Bereich angefangen, als Softwareentwickler zu arbeiten. Später bin ich in die jetzige Firma gekommen … dazu kann ich später mehr sagen.

 

Das ist ein spannender, aber auch komplizierter Lebenslauf. Willst du ein bisschen über deine Kindheit in Bayern erzählen? Wie war es in der Schule? Wenn du jetzt in die Vergangenheit guckst, könnte man einige Sachen besser machen?

Man kann da definitiv vieles besser machen. Weil, als ich nach Deutschland kam, gab’s in Bayern die Einstellung, dass die Kinder der Gastarbeiter zurückgehen. Deswegen war der Unterricht auf Türkisch. Nur ein paar Stunden in der Woche gab es Deutschunterricht. Alle Kinder egal welcher Jahrgangsstufe wurden in einer Klasse, einem Raum nebeneinander und nur durch einen Lehrer simultan unterrichtet. Die Erstklässler haben Schreiben und Lesen gelernt und die älteren Kinder alle und zum hundertsten Mal über das Leben von Atatürk (lacht) erfahren und andere türkische Inhaltsstoffe gepaukt. Deswegen hatte man als türkisches Kind gar keine Möglichkeit nach der Grundschule, die in Bayern 4 Jahre geht, auf das Gymnasium zu kommen. In Bayern gibt es keine Gesamt- oder Einheitsschule. Nach der vierten Klasse werden die Schüler selektiert und besuchen entweder die Hauptschule oder das Gymnasium. Alle türkeistämmigen Kinder sind praktisch auf die Hauptschule gekommen, nur die Kinder der Türkischlehrerin, sind interessanterweise ins Gymnasium gegangen, weil die in der deutschen Klasse waren (lacht). Und danach - mit einem Hauptschulabschluss kann man eigentlich nicht viel machen – war es sehr schwierig damals in Bayern.  Aber ich habe eine Lehre angefangen, als Elektroinstallateur, nach drei Jahren habe ich sie abgebrochen, weil ich gemerkt habe, der Beruf ist nichts für mich. Ich hatte das gemacht, weil sich das gut anhörte, aber eigentlich war ich in anderen Themenbereichen gut in der Schule, mehr sprachliche Sachen, Kommunikation.

 

Aber das war eine gute Erfahrung, dass du die Lehre ausprobierst hast?

Ja, klar. Ich hätte sie auch gerne abgeschlossen, aber es war sehr schwierig, aus familiären Gründen. Wir waren eine sehr arme Familie, mit wenig Möglichkeit zum ausprobieren. Mein Vater war 9 Jahre lang allein in Deutschland, er ist nie angekommen. Er war spielsüchtig, alkoholabhängig, es waren sehr schwierige Verhältnisse und es gab gar keine Förderung von zu Hause. 

 

Deine Eltern sind keine Akademiker?

Nein, mein Vater war Bauarbeiter und hat nur auf Baustellen gearbeitet. Er hatte keine abgeschlossene Ausbildung. Meine Mutter kann nicht schreiben und lesen. Sie ist gar nicht in die Schule gegangen.

 

Also du bist quasi die erste Person in der Familie, die studiert hat?

Ja genau, viel später erst studiert hat und ich bin auch bis jetzt der Einzige.  

 

Unser Projekt richtet sich überwiegend an Schülerinnen uns Schüler, deren Eltern nicht studiert haben. Dein Lebenslauf ist deshalb interessant. Vorhin habe ich es erwähnt, aber ich will es vielleicht noch einmal betonen, „etwas auszuprobieren“ ist ein guter Weg, um herauszufinden, was man eigentlich möchte. Warum hast du Informatik studiert?

Es war sehr interessant und gar nicht aus Liebe zum Computer. Der eigentliche Grund war: Ich wollte unabhängig sein, ich hatte sehr viele Probleme mit dem Rassismus in Deutschland. Mein Traum war es immer, auszuwandern. Meine damalige Freundin hatte studiert. Sie war Diplompädagogin. Damals konnte man mit einem geisteswissenschaftlichen Studium nicht viel Geld verdienen. Sie meinte, wenn du nicht Taxifahrer werden willst, studiere irgendetwas, was gesucht wird. Eigentlich wollte ich Politik oder Soziologie studieren. Das waren meine Interessen. Der Vorteil bei Informatik ist, dass weltweit die gleiche Sprache angewandt wird. Wenn man Jura studiert, studiert man das deutsche Recht. Damit kann man in einem anderen Land nichts machen. Mit IT, mit Informatik, kann man weltweit arbeiten. Ich wollte frei sein von irgendeinem Land und nicht in Deutschland bleiben und die Wahlmöglichkeit haben. Jetzt bin ich immer noch hier, aber das war damals der Hauptgrund. Ich hatte, als ich das Studium anfing, gar keinen Computer. Ich habe erst den Computer eingeschaltet, nachdem begonnen habe, Informatik zu studieren.

 

Erdal, gerade hast du über dein Schulleben erzählt und dass du Barrieren überwinden musstest. Welche Barrieren im Schulsystem sind zu erwähnen?

Wie gesagt das Hauptproblem war, dass wir, obwohl wir in Deutschland lebten und hier zu Schule gingen, nicht beschult wurden, wie alle anderen. Heute ist erwiesen, dass die Muttersprache sehr wichtig ist, dass sie zu Hause gesprochen werden sollte. Aber wir sprachen schon zu Hause nur Türkisch und dann in der Schule auch. Das war das Problem, diese Diskriminierung und Ungleichbehandlung, die man von der Schule erfährt. Wir waren in einer bayerischen Grundschule, da gab's mehrere Stockwerke und zufälligerweise war unsere Klasse im Keller. Vier Jahrgangsstufen wurden gleichzeitig von einer überforderten türkischen Lehrerin unterrichtet, die nicht kompetent war, die war zufällig in Deutschland. Sie hatte vielleicht, ich weiß nicht, irgendwie anerkennen lassen, dass sie Lehrerin ist. Als wir nach der Grundschule mit den deutschen Kindern in eine Klasse gekommen sind, hatten wir eigentlich gar keine Chance, im Unterricht mitzuhalten. Es wäre gut, wenn es eine Gesamt- oder Einheitsschule geben würde. Dann könnten sich viele Kinder auch später noch weiterentwickeln und entfalten. Die, die wirklich nicht studieren wollen, könnten früher raus und die anderen könnten Abitur machen. Aber dieses sehr frühe Selektieren nach der 4. Klasse, das war damals schon ganz klar, dass da das türkische Kind gar keine Chance hatte. Im gesamten Ort war ein einziges Mädchen, das war die Tochter der Lehrerin, die auf das Gymnasium gegangen ist. Als das türkische, kurdische Kind denkst du immer, es ist der natürliche Lauf der Dinge, dass du nicht aufs Gymnasium gehst. Das ist auch so ein Vorurteil, oder eine fehlgeleitete Selbsteinschätzung aller türkischer Kinder und das bleibt dann auch so.

 

Du hast eben auch erzählt, wie du entschieden hast zu studieren. Was für eine Unterstützung hätte damals deine Entscheidung einfacher gemacht? Heute zum Beispiel versuchen wir, Schülerinnen und Schülern in dieser Übergangphase zu unterstützen. Was hättest du dir damals gewünscht?

Wenn man keine Akademiker-Eltern hat, das war das größte Problem, kann man sich das ja nicht vorstellen was das ist... studieren. Viele denken, dass es wie eine Ausbildung ist, man muss da irgendwie lernen. Es gibt Prüfungen. Aber ein Studium sollte auf Interessen beruhen, die man an der Hochschule vertieft. Es wäre gut, wenn man das Jugendlichen vermitteln könnte, dass sie alles machen können, was ihnen Spaß macht, dass sie herausfinden sollen was überhaupt Spaß macht. Das ist die größte Unterstützung. Aber, wenn die Eltern nicht Akademiker sind, auch in der Familie niemand da ist, ist es sehr schwierig. Bei mir war das tatsächlich die Beziehung. Ich hatte eine Freundin, die studiert hatte. Sie war für mich eine Schlüsselfigur, warum ich überhaupt noch einmal angefangen habe, mittlere Reife und Abitur zu machen. Ich steckte gerade in einer Ausbildung zum Restaurantfachmann, das ist eigentlich Kellner…

 

Interessant :)

 

… und habe in einem Landgasthof gearbeitet. Es gab einen sehr spießigen Geschäftsführer, einen österreichischen Koch. Der war Choleriker. Der ist, wenn in der Mittagzeit Stress war, cholerisch geworden, hat in der Küche alle angeschrien, die Pfannen durch die Gegend geworfen. Ich war Kellner und mir gegenüber hat er sich immer ruhig verhalten, aber eher aus rassistischen Gründen. Weil er Angst hatte, weil man denkt immer „die haben ein Messer“. Eines Tages, als es sehr stressig war, hat er auch mich beleidigt. Er wusste nicht, was er zu mir sagen sollte, deshalb sagte er: „Du, du, du … scheiß ‚Mohikaner“, statt Mohammedaner zu sagen. Ich war in dem Moment so sauer. Es gab eine kleine Lucke, von der aus in der Küche die Teller in den Speiseraum rausgingen. Da stand ich und habe ihn da rausgezogen, wollte in dem Moment auch zuschlagen, habe es aber glücklicherweise nicht gemacht. Ich bin einfach nach Hause gegangen, wegen der erniedrigenden Situation. Meine damalige Freundin hat gesagt: „Es ist so, ich meine, du hast diesen Beruf gelernt, du hast kein Abitur, du kannst nicht studieren, du muss dich darauf einstellen, dass du dein Leben lang solche Jobs machen musst.“

Klar gibt es schöne Berufe und auch gute Firmen, aber die Möglichkeiten, in einem rassismusfreien Rahmen zu arbeiten sind sehr gering. Entweder akzeptierst du dein Schicksal oder machst etwas Anderes. Und da war ich bereit zu sagen: Ok, ich würde jetzt alles dafür tun, dass ich aus dieser Miesere rauskomme. In den nächsten Tag habe ich alle Schulen angerufen, ob es eine Möglichkeit gibt, die Mittlere Reife nachzuholen. Ich hatte tatsächlich Glück, dass ein Direktor mich eingeladen und mir die Möglichkeit gegeben hat, noch mal in die Schule zu gehen. Ich habe innerhalb von einem Jahr die Mittlere Reife gemacht und danach Abitur. Die größte Unterstützung waren meine Freunde. Und ich war politisch aktiv. Das hat mich sehr bestärkt, weil ich in einem Verein war, wo ich das erste Mal auch etwas über das Demokratieverständnis gelernt habe und dass man was gegen Diskriminierung machen kann. Das stärkt einen Menschen natürlich auch.

 

Trotz der vielen Umwege, ist dein Berufsleben eine Erfolgsgeschichte. Kannst du jetzt ein bisschen erklären, was du hier machst? Was für eine Firma ist das?

Die Firma, das, was wir machen, ist sehr einfach erklärt: Youtube für Unternehmen. Youtube kennt jeder, jeder Nutzer. Die großen Unternehmen nutzen Youtube nicht. Sie dürfen nicht, weil sie ihre Produktvideos, E-Learning-Videos, Schulungs-Videos nicht auf Youtube hochladen dürfen, aus Datenschutzgründen. Das ist ein amerikanisches Unternehmen. Deswegen brauchen sie ein deutsches Unternehmen, das das deutsche Datenschutzrecht unterstützt. Unser Produkt ist also das, was man von Youtube kennt: Unternehmen können ihre Videos hochladen und die Videos verwalten, überall anbinden, streamen lassen und zusätzlich noch live-streamen. Das ist, was wir machen. Es sind inzwischen über 100 Mitarbeiter. Es ist hauptsächlich Software-Entwicklung. Das heißt, die meisten, die hier arbeiten, sind Informatiker. Ich bin einer der beiden Geschäftsführer. Ich entwickle, also schreibe, keine Software mehr. Meine Leidenschaft ist heute die Führung, das Management. Ich bringe Menschen zum Erfolg. Ich mache sehr viel Leadership-Trainings hier. Und ich versuche, eine gute Unternehmenskultur aufzubauen, eine demokratische Unternehmenskultur. Also, wir haben keine Arbeitszeit-Erfassung, die Leute können frei entscheiden, wann sie kommen, wir arbeiten in Teams. Wir haben alle drei Monate eine Art Town-Hall-Meeting   ̶   so nennen wir das   ̶   an dem praktisch alle Themen reingebracht werden und demokratisch diskutiert werden können. Die können mich alles Fragen und ich versuche eben auch zu antworten   ̶   ich habe sehr viel Kundenkontakt. Das ist so das, was ich jetzt hauptsächlich mache. Wir haben unsere eigene Arbeitskultur entwickelt. Wir arbeiten in AGs mit bestimmten Methoden und haben ein eigenes Framework und das mache ich nebenbei als Beratung für andere Firmen. Das ist inzwischen meine Lieblingsbeschäftigung hier.

Aber interessanter ist, wie sich die Firma entwickelt hat. Ich habe nicht als Geschäftsführer abgefangen. Man muss auch verstehen, wie man ein Geschäftsführer wird, das wissen viele Leute nicht. Ich habe nach meinem Studium erst als Sozialarbeiter und dann als Softwareentwickler gearbeitet. Dann habe ich gemerkt, das es mir keinen Spaß macht, als Softwareentwickler zu arbeiten, obwohl ich viel Geld verdient habe. Das ist sehr wichtig, dass man etwas macht, was einem Spaß macht. Und nicht irgendwas macht, das nur Geld bringt. Dann wird man auch erfolgreich. In meiner jetzigen Firma haben sie einen Junior-Projektmanager für „Videostreaming“ gesucht. Das hat mich sehr interessiert, denn ich hatte mich in meiner Diplomarbeit damit beschäftigt und ein Softwareprogramm zum Streamen von Videos für Kanak Attack entwickelt. Als Kanak Attack haben wir Videos produziert, hatten aber keine Möglichkeit, die Filme zu veröffentlichen, da es damals noch kein Youtube gab. Um diese technische Hürde zu überwinden, entwickelte ich also ein Softwareprogram auf Grundlage dessen wir auf unserer Website Videos streamen konnten.

Obwohl ich schon 40 war, habe ich mich also als Junior-Projektmanager bei movingimage beworben. Die haben mich eingeladen und dann später eingestellt, weil sie gar keine Softwareentwickler hatten. Die Firma war eine Videoproduktionsfirma. Sie haben die Software, die sie gebraucht haben, extern entwickeln lassen. Ich habe sehr viel Verantwortung übernommen. Und nicht sofort aufgegeben, obwohl es mir am Anfang schlecht ging. Es gab nur 20 Mitarbeiter und die Firma war in Spandau. Ich war noch nie davor und danach in meinem Leben in Spandau. Mit dem damaligen Geschäftsführer, der immer noch da ist, habe ich sehr klar kommuniziert: „Ok, ich würde dies und das ändern“, ich habe mutig Fehler angesprochen und ich habe dann auch Rechte bekommen. Ich wurde als Softwareentwickler eingestellt und habe am Anfang selber viel entwickelt. Dann war ich Leiter der IT, weil die Softwarefirma größer geworden ist. Dann war ich COO, das ist jemand, der Chief Operating Officer, der für das gesamte operative Geschäft zuständig ist. 2015 habe ich dann einen Kredit aufgenommen, die Anteile der Firma gekauft, bin Geschäftsführer und Gesellschafter geworden. Danach haben wir neue Investoren bekommen. 2016, 2017, 2018 insgesamt 14 Millionen Euro. Wir sind dann in die USA gegangen, nach Japan.

Was mir am meisten Spaß macht, ist die Herausforderung. Ich mag das Chaos, auch die Schwierigkeiten. Das klingt vielleicht komisch. Andere Menschen suchen immer die Komfortzone. Dann wird man aber nicht erfolgreich sein. Weil das suchen alle. Also wächst man auch nicht. Man wächst immer aus der Not heraus. Wenn ein Kind alles hat, alle Spielzeuge, wird das Kind nicht neugierig sein. Bei mir ist es im Arbeitsleben auch so, wenn es sehr gut läuft, langweilt mich das. Da muss man mehr Umsatz machen, „mehr“, das ist nicht das, was ich suche. Wenn es chaotisch ist, wenn es keine Prozesse gibt, wenn es Schwierigkeit gibt… So hat mir das praktisch in den letzten Jahren sehr viel Spaß gemacht, das Unternehmen dahin zu bringen, wo es jetzt ist.

 

Du hast schon meine nächste Frage beantwortet. Ich wollte dich fragen, was du jungen Leuten, die eine ähnliche Geschichte haben wie du, empfehlen kannst. Du hast aus deinem Leben Beispiele und gute Tipps gegeben. Das ist eine Erfolgsstory. Jetzt sitzen wir an der Spree und es ist eine sehr schöne Firma, viele Mitarbeiter. Man merkt, dass hier interessante Sachen gemacht werden. Möchtest du noch etwas ergänzen?    

Ich würde junge Menschen empfehlen, erstmal das zu machen, was ihnen Spaß macht. Also wirklich auch herauszufinden, was macht einem Spaß. Also, wenn sich jemand für Klamotten interessiert, dann kann man gucken, kann man Mode studieren, kann man damit Geld verdienen. Und nicht irgendwas machen, was die anderen sagen, weil man das machen sollte. Das ist das Allerwichtigste.

Das andere, was ich in meinem Leben gelernt habe ist: Es gibt eine Elite in Deutschland, in jedem Land. Diese Elite, die besitzt die guten Berufe. Es sind keine Leute, die irgendetwas besser können. Das habe ich gemerkt. Sie denken, dass sie es besser können. Andere denken das auch und somit machen sie das. Das ist so, wenn man zum Bespiel in ein sehr teures Restaurant geht, wenn man dort noch nie war, ist man unsicher, kann nicht einfach dasitzen, das fühlt man, das merkt man, andere, die da reingehen, die kennen das nicht, die sind schon immer, schon als Kind da gewesen, die fallen da nicht auf. Mit den Berufen ist das genauso. Also ich habe gemerkt, dass die Menschen, die in teuren Universitäten studiert haben, deren Eltern Akademiker sind, die sind definitiv nicht besser. Die können nichts besser als Jugendliche, die in armen Verhältnissen aufgewachsen sind. Das sind eigentlich die viel Besseren, weil sie Schwierigkeiten überwunden haben. Ich habe Leute eingestellt, die hatten super Abschlüsse, die waren katastrophal, die hatten nie richtig gearbeitet. Inzwischen gucke ich mir überhaupt keine Zeugnisse mehr an. Wenn jemand sich bei movingimage bewirbt, muss ich nichts checken. Ich gucke mir auch keine Uni-Abschlüsse an. Es gibt einen Probetag bei uns. Das heißt, es wird eine Probe gemacht. Dann gehen wir als Team Mittagessen. Wenn wir ihn gut finden, stellen wir ihn ein. Weil ich gemerkt habe, was auf dem Papier steht, ist nichts wert. Also sich nicht davon beeindrucken lassen, nicht denken, dass jemand etwas besser kann, weil seine Eltern das studiert haben. Das ist nur eine Frage von Selbstbewusstsein und wenn jemand aus einer Nicht-Akademiker-Familie kommt und einen Abschluss geschafft hat, ist das ist für mich dreimal so viel Wert wie jemand, der aus einer Akademiker-Familie kommt. Deswegen mehr Selbstvertrauen, auch die eigenen Stärken sehen und wenn man etwas macht, was Spaß macht und das aus Leidenschaft macht, dann wird man auch gut, also sich nicht unterschätzen, Leidenschaft ist extrem wichtig. Wenn man gern isst, gern kocht, kann man auch Koch werden. Man muss nicht unbedingt studieren. Dann eröffnet man ein Restaurant. Das wird ein Sterne-Restaurant. Man wird genauso glücklich, verdient genauso viel Geld, wie jemand, der Geschäftsführer ist.

 

Vielen Dank, Erdal für die unterstützenden Worte. Vielen Dank für die interessanten und ausführlichen Antworten. Alles Gute und weiterhin viel Erfolg.

 


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