Automatisierungstechnik
Die HAYDİ-Figur balanciert auf einem Seil über den Dächern der TH Wildau.

HAYDİ bakalım, los geht’s!

Das Projekt HAYDİ! startet einen Blog. Wenn Du gerade angefangen hast, zu studieren, oder Dich für ein Studium interessierst, bist Du hier genau richtig.

Zurück zur Übersicht
  1. Sie sind hier:
  2. HAYDİ! Blog
  3. Automatisierungstechnik
Spezialisten für die Industrie 4.0

Was ist Automatisierungstechnik?

„Ziel produktionstechnischer Aufgabenstellung ist es Wertschöpfungsketten effektiv und effizient zu gestalten. Die Automatisierungstechnik findet hierbei als Querschnittstechnologie breite Anwendung in nahezu allen technischen Bereichen. Im Bachelor-Studiengang Automatisierungstechnik dominiert die bauteilnahe Auslegung von automatisierten Produkten. Konstruktive und systemtechnische Ausbildungsinhalte sind daher gleichberechtigt vertreten.“

Dies steht - und kürzer und treffender können wir es auch nicht sagen - im Studienführer der TH Wildau. Also klar wird, es geht um die Planung und technische Umsetzung von Abläufen in der Produktion von fast Allem: Maschinen, Gebrauchsgegenstände, Medizin, Lebensmitteln …

Es geht um die Installation von neuen und die Verbesserung von bestehenden technischen Anlagen. Dies ist, wie man sich leicht vorstellen kann, vor Ort sehr konkret, aber als Studium notwendigerweise auch abstrakt – denn, um befähigt zu sein, die Aufgaben in den verschiedensten Bereichen zu bewältigen, muss man diese Prozesse technisch, wie auch in ihrer ganzen Logik grundsätzlich verstehen. So hebt Samar Samara, als wir Sie fragen, was Automatisierungstechniker können sollten, eher persönliche Qualitäten hervor als Spezialkenntnisse: „Flexibilität“ und „Lernbereitschaft“, nennt sie als wichtigste Skills.

Wie studiert man Automatisierungstechnik an der TH Wildau?

Der Alltag

„Was mir am besten an der TH Wildau gefällt ist, dass Automatisierungstechnik ein kleines Studienfach ist und das heißt, man hat mehr die Möglichkeit alles zu verstehen und viel nachzufragen Bei uns war es wie in einer kleinen Familie, man konnte mit jedem umgehen, mit jedem ein Projekt machen.“, sagt Samar Samara. „Vor Corona war ein normaler Tag so: man hatte Vorlesungen, manchmal zwischen den Vorlesungen lange Pausen, in denen ein Teil von uns Labor hatte, der andere Teil hatte Pause, das wechselt oft jede Woche, zwischendrin Mittagessen in der Mensa. Wir haben uns auch nach den Veranstaltungen alle getroffen, um etwas zu diskutieren. Meistens hatten wir mindestens einen Tag in der Woche frei. Und ab und zu gab es Partys, eine Weihnachtsfeier, ein Sommerfest, …“

 

Die Inhalte

In einem Fachhochschulstudium absolviert man verschiedene Module nach einem weitgehend festgelegten Stundenplan (Modulhandbuch "Automatiserungstechnik"). Sehr schön und anschaulich kann man anhand des Studienschwerpunktes Steuerungstechnik sehen, wie sich Kompetenz über mehrere Semester langsam und gründlich aufbaut. Hier wird auch deutlich, wie Theorie und Praxis, Digitales und Mechanisches unmittelbar zusammenwirken. Wir zitieren an dieser Stelle Samar Samara über einen längeren Abschnitt wörtlich.

“Wir hatten Projektmanagement im ersten Semester, hier bekommt man ein Lastenheft und muss man daraus ein Pflichtenheft erstellen.“ Im dritten Semester absolvieren die Studierenden dann in der Regel ein Projekt im Fach Steuerungstechnik.

„Es gibt ein Laufband und mein Projekt war so: da kommt ein Arm oder Greifer und er muss ein bestimmtes Stückchen nehmen, etwas Bestimmtes überprüfen und dann wenden. Dann geht es auf dem Laufband weiter zu einer anderen Station. Es gab verschiedene Stationen hintereinander und jedes Team besteht aus zwei Personen und jedes Team sollte eine Station programmieren und am Ende muss auch die Kommunikation zwischen den Stationen programmiert werden, das heißt wir mussten uns auch mit den anderen Teams absprechen.

Und im fünften Semester hatten wir Ähnliches, diese Laufbänder, diese Stationen … Wir mussten das jetzt Visualisieren. Das heißt wir mussten es in einer Form auf dem PC so zeichnen, dass man den gleichen Prozess sieht. Und man musste das auch über eine Website kontrollieren, sowohl den realen Ablauf, sowie auch den, den wir visualisiert haben.

Im sechsten Semester bekommt jeder Student – manchmal auch ein Team aus zwei Personen - ein großes Projekt: nicht nur Programmieren. Hier bekommt man ein Pflichtenheft und ein Lastenheft, muss man eine Materialliste erstellen und wissen, welche Komponenten man braucht, man muss man sich auch mit Elektronik auseinandersetzen, ich musste Skizzen machen und einen generellen Plan, welche Komponenten ich benutzen will und den Schaltplan erstellen. Es muss auch viel Software-Engineering rein, das heißt nicht nur Programmieren, sondern auch einen Plan des Programms erstellen. Im Grunde genommen arbeitet man viel mit Steuerungen und mit Speicherprogrammiersprachen (SPS).“

Auf die Frage, was in ihrem Studium überwiegt, der digitale oder der technisch-mechanische Teil, reagiert Samar Samara sehr erstaunt. Und wir merken gleich, dass diese Frage unsinnig ist, da sich die Prozesse permanent überlagern. Und Samar bestätigt: „Ja genau, wir arbeiten an der Schnittstelle.“

Es gibt noch einen weiteren grundsätzlichen Aspekt, der uns eigentlich erst durch das Gespräch so richtig klar wird. Und der betrifft Probleme, aber auch einen großen Mehrwert, den ein Studium an der TH bedeutet. Dieser liegt in der Diversität der Studierenden. Es kommen Leute aus sehr verschiedenen Richtungen mit sehr unterschiedlichen Vorkenntnissen und Lebensgeschichten zusammen. Es gibt die „normalen“ Abiturienten, es gibt die Studierenden, die aus den Fachoberschulen kommen und diejenigen, die nach einer dualen Ausbildung und Berufserfahrung ein Studium beginnen. Die besonderen Erfahrungen der internationalen Studierenden kommen hinzu. Während die normalen Abiturientinnen und Abiturienten oft gutes theoretisches Wissen in Mathematik und Naturwissenschaften mitbringen, haben Berufserfahrene konkrete Vorstellungen und eine große Sicherheit in der praktischen Anwendung von Technologien. Samar Samara war ganz zu Beginn des Studiums immer wieder verunsichert durch das große praktische Wissen eines relevanten Teils ihrer Kommilitoninnen und Kommilitonen, hat aber sehr bald verstanden, dass dieses Wissen auch für sie eine sehr wertvolle Ressource darstellt.

„Aber ich hatte auch immer die Vorteile gesehen. Ich muss ja in verschiedenen Projekten arbeiten und dadurch habe ich immer die Möglichkeit einen Erfahrungsaustausch zu haben und zum Beispiel ein bestimmtes Projekt nicht nur aus der Dozenten-Perspektive zu sehen, sondern auch von den Leuten aus, die schon vielleicht mindestens drei oder sogar fünf Jahre in der Praxis in dieser Fachrichtung gearbeitet haben.“

 

Empfehlungen

Auf die Frage, welche Voraussetzungen für ein Studium der Automatisierungstechnik nötig sind, antwortet Samar Samara:

„Also meiner Erfahrung nach ist es Fleißarbeit. Unser Studium braucht wirklich Fleißarbeit. Wie gesagt, ich hatte jetzt nicht so viele – außer in Mathematik vielleicht – Vorkenntnisse. Ich hatte gerade von der Praxis überhaupt keine Vorkenntnisse gehabt und trotzdem habe ich es geschafft. Aber dann hatte ich auch wirklich an dem Studium intensiv gesessen, das heißt richtig viel Fleiß.

Wenn aber die Schüler jetzt vielleicht in einer Situation sind, in der sie ein paar Fächer in ihrer Schule wählen können, zum Beispiel Informatik, dann würde ich sagen, lieber viel Informatik und Mathematik lernen als Vorbereitung. Aber auch ohne das, kann man es hier schaffen. Wie gesagt, Fleißarbeit ist wichtig, aber auch Teamarbeit – das klingt jetzt etwas klischeehaft – aber es ist wirklich wichtig. Ich habe mich auch nicht wohl gefühlt mit jemanden, der gar nichts gemacht hat. Wir sind eine kleine Gruppe, wenn jemand dafür bekannt ist, dass er faul ist oder nicht arbeitet, dann würde auch keiner mit ihm arbeiten. Das wird dann auch für die Person selbst schwierig.“

Wir sprechen auch länger über ihre Erfahrungen zu Beginn des Studiums und Samar Samara sagt: “Ich bezeichne mich als jemanden, der sich eigentlich traut Fragen zu stellen. Trotzdem gab es sehr viele Situationen, wo ich mir gedacht habe: ‚lieber nicht fragen‘. Was aber schlecht ist, ich empfehle denjenigen, die jetzt studieren, sich immer zu trauen, auch wenn einen der Dozent komisch anguckt. Es ist sehr wichtig, dass wir als Studierende den Dozenten immer zeigen, wenn wir etwas nicht verstehen.“

Samar Samara sagt, dass sie zu Studienbeginn viel mehr Zeit an der Hochschule verbracht hat und, dass das auch sehr wichtig war, um alles kennen zu lernen und Beziehungen aufzubauen. Besonders hilfreich war, dass sich sehr bald Lerngruppen gründeten: „Ich war sehr gut in Mathe und Mechanik, da habe ich den Leuten in Mathe und Mechanik geholfen, war nicht so gut in Elektrotechnik, dann wurde mir geholfen.“

 

Die besondere Situation als Frau und Migrantin

Als Samar Samara die Begrüßungsveranstaltung ihres Studiengangs besuchte, war ihr erster Gedanke: „Oh Gott, wo sind die Frauen?“    Ich muss sagen am Anfang fand ich es schwierig. Aber nicht gerade weil ich Migrantin bin, sondern weil ich Frau bin. Es sind wirklich wenige weibliche Studierende. Aber das war wirklich nur am Anfang, ich glaube, es hat nur drei Wochen gedauert, bis ich fast mit jedem ins Gespräch gekommen bin und mit fast allen befreundet war.“

Den internationalen Studierenden rät sie sich einzumischen: „Kommunikation ist sehr wichtig in unserem Studiengang und gerade bei internationalen Leuten ist es wichtig nicht isoliert zu sein. Es ist auch nicht so, dass die internationalen Leute nur vorne oder hinten sitzen, wir sitzen alle durcheinander und wir sprechen meistens nur Englisch.“

 

Berufsaussichten

Unsere Gesprächspartnerin hat sich sehr gut in ihrem Studium etabliert. Sie hat eine Stelle als wissenschaftliche Hilfskraft und gilt als äußerst leistungsstarke Studentin. Außerhalb des Hochschulbetriebs stößt sie aber dennoch auf gewisse Barrieren.

„Es war für mich nicht so einfach einen Praktikumsplatz und einen Betrieb zu finden, bei dem ich meine Bachelorarbeit machen kann. Ich glaube, das liegt vielleicht schon am Migrationshintergrund. Ich befürchte, die Unternehmer glauben nicht, dass ich das verstehe.“

Sie kann aber dennoch davon ausgehen, dass sie auf dem Arbeitsmarkt sehr gute Aussichten hat, denn die Berufsperspektiven sind vielfältig. Auf der Website der TH Wildau heißt es: „Das interdisziplinär angelegte Studium fördert insbesondere das fachübergreifende Denken und qualifiziert die Absolventen für die Branchen: Sondermaschinenbau, Werkzeugmaschinenbau, Consumer Elektronik, Medizintechnik und Robotik und Mikroelektronik.“

Samar Samara „… würde am liebsten entweder in ein Kleinunternehmen oder in einem Start-up arbeiten. Bei einem kleineren Unternehmen ist oft mehr Abwechslung und Kommunikation, es ist wie an der Hochschule, für mich ist auch ein Unternehmen wie eine kleine Familie.“


Kommentare

Keine Kommentare

Kommentar schreiben

* Diese Felder sind erforderlich