Umweltorientiertes Verkehrsmanagement in der VSMZ Potsdam
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VS22: Exkursion

Umweltorientiertes Verkehrsmanagement in der VSMZ Potsdam

Exkursion zur VSMZ Potsdam

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Exkursion zur Verkehrssystemmanagementzentrale (VSMZ) Potsdam

Am 23. November 2023 besuchten Studierende verschiedener Studiengänge der TH Wildau im Rahmen des Moduls „Einführung in die Verkehrstelematik“ die Verkehrssystemmanagementzentrale (VSMZ) der Landeshauptstadt Potsdam (http://www.mobil-potsdam.de/de).

Die Verkehrssystemmanagementzentrale (VSMZ) besteht aus den folgenden Teilsystemen:

  • einem Messstellennetz und der Reisezeiterfassung,
  • dem Verkehrssystemrechner (VSR),
  • der Umweltorientierten Verkehrssteuerung (UVS),
  • dem Rechnergestützten Betriebsleitsystem (RBL),
  • dem Parkleitsystem (PLS) und Parkraummanagement (PRM),
  • der Dynamischen Verkehrsinformation (DVI),
  • der Verkehrsabhängigen Wegeführung (VWF) sowie
  • dem Medienmanagement.

Vielfältige Daten und Informationen laufen in der VSMZ ein, z. B. Informationen von Lichtsignalanlagen (LSA), Informationen von Parkhäusern und deren Auslastung, Schadstoffwerte aus Messanlagen, Reisezeitdaten für einzelne Streckenabschnitte im Verkehrsnetz, Daten aus optischen Verkehrssensoren, wie TEUs (traffic eyes universal) aber auch Wartungsinformationen der LSA, wie defekte LEDs oder Taster.

In der VSMZ gibt es verschiedene Server zur Verarbeitung der erfassten Daten, zur Darstellung und Speicherung, deren Software aktuell on-premise von einem Hersteller bereitgestellt wird.

Die beiden Mitarbeiter des Bereichs „Verkehr und Technik“ Andreas Olm und Thomas Jasper stellten uns die verschiedenen Teilsysteme vor und gingen auf historische, aktuelle und künftige Projekte und Fragestellungen ein.

Umweltorientierte Verkehrssteuerung

Der „Luftreinhalteplan“ der Stadt Potsdam hat sich als zentraler Faktor im Verkehrsmanagement der Stadt etabliert. Die zugrundeliegenden Daten stammen aus dem Jahr 2012. Zur Überprüfung dieser Daten tragen vier Messstellen des Landesumweltamtes bei, die aktuelle Schadstoffwerte liefern. Diese Umweltdaten werden als Eingangsgrößen für die Verkehrssteuerung in Potsdam verwendet. 

Weiterhin wurden Verkehrsmessungen durch Infrarotdetektoren eingeführt. Beide Datenquellen speisen Maßnahme zur Regulierung des Kfz-Verkehrs in der Stadt und zur "Dosierung des Verkehrsflusses". Ein Aspekt sind dabei umfassende Anpassungen der LSA-Schaltungen, wodurch weniger Verkehr in die Stadt gelassen, der fließende Verkehr verbessert und mehr Grünphasen eingeführt wurden.

Diese „Umweltorientierte Verkehrssteuerung“ erfolgt durch die VSMZ Potsdam mit dem Ziel, die Immissionen zu senken. Seit 2010 werden die Jahresmittelwerte der Luftschadstoffe erhoben und regelmäßig abgeglichen. Die Analyse der Jahresmittelwerte offenbart zwar einerseits, dass kurzfristige Effekte wie die Corona-Pandemie nicht deutlich erkennbar sind. Andererseits zeigt sich ein signifikanter Erfolg dieses Ansatzes darin, dass seit 2017 die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte für Luftschadstoffe von 40 μg/m³ unterschritten werden. Künftig wird voraussichtlich jedoch eine weitere Verbesserung notwendig sein, da ab 2024 neue, strengere EU-Grenzwerte von etwa 20μg/m³ gelten und einzuhalten sind.

Umbau Zeppelinstraße

An der Zeppelinstraße in Potsdam wurden zur Reduzierung der Luftschadstoffbelastung umfangreiche Maßnahmen umgesetzt. Im Rahmen eines Modellversuchs im Jahr 2017 erfolgte eine Neuordnung des Straßenraums. Diese beinhaltete die Einrichtung von drei Fahrspuren für Kraftfahrzeuge, einen Radfahrstreifen sowie eine zusätzliche Busspur. Begleitet wurden diese strukturellen Änderungen von einer Reihe weiterer Maßnahmen: Die Einführung einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h, die Taktverdichtung der Busse, Verbesserungen bei Park-and-Ride-Angeboten sowie umfassende Öffentlichkeitsarbeit.

Durch diese Maßnahmen konnte auf der Zeppelinstraße eine Reduzierung des Kraftfahrzeugverkehrs um 3.000 Fahrzeuge pro Tag erreicht werden. Ein weiterer Vorteil für die Stadt Potsdam in dieser Hinsicht liegt in der fahrradfreundlichen Politik auf der Grundlage von beschlossenen Fußverkehrs-und Radverkehrskonzepten.

Reisezeitmessung

Die Reisezeitmessung ist ein wichtiger Bestandteil der Datenerhebung zur aktuellen Verkehrsqualität in der Stadt. Zur Reisezeitmessung wurden in Potsdam Reisezeitkameras installiert, die sich der Kennzeichenerfassung als Technologie bedienen. Diese Methode ermöglicht eine hohe Erfassungsrate von etwa 90 % der Fahrzeuge. Die Reisezeitmessung erfolgt in drei Stufen:

  • Information: In der ersten Stufe werden Daten über die Reisezeiten gesammelt und analysiert.
  • Makrosteuerung: Auf der zweiten Stufe werden die gesammelten Informationen genutzt, um die Verkehrsflüsse zu optimieren.
  • Dynamische Freigabezeitregelung: In der dritten Stufe wird auf Basis der Daten eine ereignisorientierte Grünzeitdosierung an den Ortseingängen der Stadt Potsdam, z. B. bei Behinderungen im Nachfolgenetz, Baustellen, Veranstaltungen und Schwellwertüberschreitungen bei der Verkehrsmenge, vorgenommen.

Diese dreistufige Herangehensweise ermöglicht es, den Verkehr in Echtzeit effizienter zu steuern und zu optimieren, um Staus zu reduzieren und die Gesamtreisezeit zu verkürzen.

Rechnergestütztes Betriebsleitsystem

Eine hohe Qualität im öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) wird beispielsweise durch eine hohe Reisegeschwindigkeit erreicht. Daher gilt es, ÖPNV-Fahrzeuge Kreuzungen und Verkehrsstaus zügig passieren zu lassen. Seit 1996 ist in der Stadt Potsdam eine absolute Bevorrechtigung des ÖPNV festgeschrieben. Für die Bevorrechtigung des ÖPNV an Kreuzungen mit Lichtsignalanlagen (LSA) werden GPS-basierte Voranmeldungen, Hauptmeldungen und Abschlussmeldungen von Bussen und Straßenbahnen in bestimmten Abständen vor und nach den LSA gesendet.

 

Ausblick: Regional nachhaltiges Verkehrsmanagement und Parkmanagement

Aktuell wird ein regionales nachhaltiges Verkehrsmanagement mit den umliegenden Gemeinden aufgebaut, um auch diese in die Verkehrssteuerung miteinzubeziehen. Neue Bauprojekte im Norden der Stadt führen zu zusätzlicher Verkehrsbelastung, was zukünftig weitere Anpassungen im Verkehrsmanagement erforderlich machen wird.

Für die Innenstadt von Potsdam wird angestrebt, 500 Besucherparkplätze vom öffentlichen Straßenland in Parkhäuser zu verlagern, um verkehrsberuhigte Bereiche mit hoher Aufenthaltsqualität zu schaffen.

Die Mitarbeiter des Bereichs „Verkehr und Technik“ verbanden Ihre Vorstellung der VSMZ Potsdam mit einem Aufruf an die Studenten, sich in der VSMZ zu bewerben, da aktuell fünf von den 17 Feststellen im Team unbesetzt sind.

 

Autoren: Valenthin Tändler, Paul Siegel, Christoph Neye

Redaktionelle Bearbeitung: ML