Hoffnung und Inspiration in Zeiten des Krieges: Neuer deutsch-ukrainischer KI-Studiengang
An der TH Wildau und der Charkiwer National University of Radio Electronics entsteht derzeit ein gemeinsamer Studiengang. Gerade kam die Förderzusage für die Entwicklung des Bachelors „Computer Science“ mit zwei KI-Spezialisierungen. Im Interview macht die akademische Leiterin Alina Nechyporenko deutlich: „Das Projekt ist nicht nur finanzielle Unterstützung, sondern auch Hoffnung und Inspiration für Studierende und Lehrende.“ +++ English version below +++
Frau Alina Nechyporenko, Herzlichen Glückwunsch zur Förderzusage für CoSMoS-NT, einem Projekt über das ein neuer deutsch-ukrainischer Studiengang entwickelt und durchgeführt wird. Stellen Sie sich kurz vor und verraten Sie uns, was ist das für ein Studiengang?
CoSMoS-NT, das steht für „Computer Science Modular Joint Study Programmes NURE-TH Wildau“. Es ist ein Projekt, das wir im Rahmen des DAAD-Programms „Deutsch-Ukrainisches Hochschulnetzwerk“ und mit Unterstützung des Bundesministeriums für Forschung, Technologie und Raumfahrt gestartet haben. Daraus entsteht ein Studiengang an der NURE in der Ukraine und der TH Wildau mit dem Titel „Computer Science“. Er umfasst die zwei Spezialisierungen „AI for Life Science and Medicine“ und „Automation and AI“. Ich bin akademische Leiterin und verantwortlich für die Entwicklung der Studien- und Prüfungsordnung, einschließlich der Lehrplaninhalte (Curriculum). Zusätzlich bin ich für die Harmonisierung der Zulassungskriterien, die Akkreditierung des Studiengangs in Deutschland und die Zuweisung von Lehrdeputaten zuständig. Später werde ich mich auch darum kümmern, dass wir Partnerunternehmen in der Industrie für eine Kooperation begeistern.
Beide Studiengänge haben einen Fokus auf Künstliche Intelligenz in der jeweiligen Spezialisierung. Für wen sind diese Studiengänge geeignet - worauf bereiten Sie vor?
Beide Spezialisierungen des Bachelorstudiengangs „Computer Science“ eignen sich gut für Studieninteressierte mit MINT-Vertiefungen, die zukünftig im Bereich KI und Smart Solutions arbeiten möchten. Sie bieten hervorragende Karrieremöglichkeiten und sprechen unterschiedliche Interessen und Fähigkeiten zukünftiger Absolvent*innen an. Beispielsweise bietet die Spezialisierung „AI for Life Science and Medicine“ ausgezeichnete Beschäftigungsmöglichkeiten im Bereich der Anwendung von KI und maschinellem Lernen im Gesundheitswesen, Biotechnologie und in der medizinischen Forschung, einschließlich Interdisziplinarität, die KI mit Biologie, Genomik, medizinischer Diagnostik usw. kombiniert. Jobs könnten etwa sein: KI-Forschende*r im Gesundheitswesen, Medizinische*r Datenwissenschaftler*in oder Bioinformatiker*in. Die Spezialisierung „Automation and AI“ eignet sich für diejenigen, die sich für Robotik, intelligente Systeme, industrielle Automatisierung und KI-Integration in Fertigungs- und Produktionsprozessen interessieren – hier könnten sie später als Robotik- oder Automatisierungs- Ingenieur*innen oder beispielsweise Datenwissenschaftler in der Automatisierung arbeiten.
Der Studiengang ist ein sogenanntes „Joint Programme“ - was zeichnet diese aus im Gegensatz zu einem „double degree programme“?
Der Hauptunterschied zwischen einem Joint- und einem Double-Degree-Programm besteht darin, dass für beide Universitäten ein völlig neues Studienprogramm auf kooperativer Basis geschaffen wird. Das Programm wird von den Partnerhochschulen koordiniert konzipiert und strukturiert, das heißt, die Kurse und Inhalte sind eng aufeinander abgestimmt.
Wie wird das Studium ablaufen, wie viele Semester umfasst das Studium für deutsche und ukrainische Studierende? Wie viel Zeit verbringen die Studierenden im jeweils anderen Land?
Das Programm umfasst Kern- und Fachmodule sowie die jeweilige Spezialisierung und ein Praktikum. Es basiert auf den Anforderungen des F3-Computer Science Programms, das in der Ukraine standardisiert ist. Es umfasst sechs Semester für deutsche und acht Semester für ukrainische Studierende. Je nach Studienvoraussetzungen verbringen Studierende etwa ein Viertel ihrer Studienzeit im Ausland. Beispielsweise kommen ukrainische Studierende im letzten Studienjahr für ihr Industriepraktikum und ihre Bachelorarbeit nach Deutschland.
Wie viele Studierende werden die Studiengänge belegen können?
Pro Spezialisierung werden 25 Studierende zugelassen, in diesem Jahr starten zunächst 50 ukrainische Studierende, in Deutschland geht es erst nach der Akkreditierung los. Wer in der Spezialisierung „Automation and AI“ startet, steht bereits fest, für „AI for Life Science and Medicine“ werden aktuell noch die Bewerbungen gesichtet.
Sie erhoffen sich, dass in den letzten zwei Semestern nicht nur die ukrainischen Studierenden nach Deutschland kommen können, sondern dass es auch Mobilität in die andere Richtung geben wird - wie könnte das gehen?
Deutsche Studierende könnten ihre IT-Kenntnisse und Fähigkeiten bei ukrainischen IT-Unternehmen, mit denen NURE zusammenarbeitet, verbessern und die ukrainische Sprache und Traditionen erlernen. Dies ist jedoch nur möglich, wenn der Krieg vorbei ist.
Der Studiengang ist noch nicht offiziell akkreditiert - welche Schritte haben Sie für die Akkreditierung bereits hinter sich gebracht und was glauben Sie, wann es offiziell in Deutschland losgeht?
Erste Schritte wurden bereits unternommen. Dazu gehört die Vorlage und Verabschiedung des Eckpunktepapiers zur Entwicklung des Studiengangs durch den Fachbereichsrat und das Präsidium an der TH Wildau. Derzeit erarbeiten wir gemeinsam mit unseren ukrainischen Kolleg*innen den Entwurf der Studien- und Prüfungsordnung, der als Grundlage für die Akkreditierung dienen soll. Wir planen, den Akkreditierungsprozess in Deutschland Ende September 2025 zu starten.
Die ersten ukrainischen Studierenden beginnen schon zum Wintersemester 25/26 mit dem neuen Studium, wie funktioniert das?
Laut Projektplan nehmen die ersten ukrainischen Studierenden bereits im Wintersemester 2025/26 ihr Studium an der NURE auf. Trotz der Kriegsverhältnisse und der schwierigen Lage in Charkiw sind die Prognosen für neue Studierende an der NURE sehr positiv, da die NURE eine der führenden Positionen in der Ausbildung von Studierenden im IT-Bereich in der Ukraine einnimmt.
Das deutsche Schul- und Hochschulsystem unterscheidet sich vom ukrainischen, beispielsweise gehen deutsche Schüler*innen ein oder zwei Jahre länger zur Schule. Was ist bei der Entwicklung des Joint Programmes für Sie die größte Herausforderung? Gibt es Hindernisse?
Die größte Herausforderung bei der Entwicklung eines gemeinsamen deutsch-ukrainischen Studiengangs in diesem Zusammenhang besteht meiner Meinung nach in der Harmonisierung der Zulassungskriterien für die Universitäten. Auch bei der Praktikumssuche benötigen ukrainische Studierende erhebliche Unterstützung, da Studierende in der Ukraine in der Regel von der Fakultät zu Industriepraktika und Abschlussarbeiten entsandt werden.
In ihrem Präsenzjahr sollen Studierende ein Praktikum machen. Welche Unternehmen suchen Sie dafür und wie unterstützen Sie die Studierenden, Plätze zu finden?
Zu unseren Aufgaben gehört die Vermittlung von Praktikumsplätzen für Studierende. Die Suche konzentriert sich dabei vor allem auf Brandenburger Unternehmen, darunter Unternehmen aus den Bereichen IT, Gesundheitswesen, Biotechnologie sowie Robotik und Automatisierung.
Können Sie beschreiben, wie das für Sie ist, in Zeiten des Krieges in der Ukraine an diesem zukunftsgerichteten Projekt mitzuwirken? Wie erfahren Sie - vielleicht über die Förderung hinaus - Unterstützung dabei, was ist wichtig?
In einer so schwierigen Zeit für die gesamte ukrainische Bevölkerung ist CoSMoS-NT nicht nur finanzielle Unterstützung, sondern auch Hoffnung und Inspiration für Studierende und Lehrende. Trotz ständiger Raketenangriffe, zahlreicher Drohnenangriffe und schlafloser Nächte arbeiten meine Kolleg*innen und die Studierenden studieren weiter. Darüber hinaus trägt das Projekt zur Integration des Hochschulsystems in die europäische Bildungslandschaft bei und schafft als Pilotprojekt im Sinne der Entwicklung eines gemeinsamen Bachelorstudiengangs die Grundlage für zukünftige gemeinsame deutsch-ukrainische Studiengänge.
New German-Ukrainian AI degree programme: ‘Hope and inspiration’ in times of warBereich öffnenBereich schließen
New German-Ukrainian AI degree programme: ‘Hope and inspiration’ in times of war
The TH Wildau and Kharkiv National University of Radio Electronics will jointly offer a bachelor's degree in computer science with two AI specialisations. A future-oriented, European-focused degree programme is being created – while war rages in Ukraine. In an interview, project manager Alina Nechyporenko makes it clear: ‘The project is not only financial support, but also hope and inspiration for students and teachers.’
Ms Alina Nechyporenko, congratulations on the funding approval for CoSMoS-NT, a project to develop and implement a new German-Ukrainian degree programme. Please introduce yourself briefly and tell us what kind of degree programme this is.
CoSMoS-NT is a degree programme at the Kharkiv National University of Radio Elektroniks (NURE) in Ukraine and the TH Wildau with the title ‘Computer Science’. It comprises two specialisations: ‘AI for Life Science and Medicine’ and ‘Automation and AI’. I am the academic director and responsible for developing the Study and Examination Regulations, including the curriculum. I am also responsible for harmonising the admission criteria, accrediting the degree programme in Germany and assigning teaching duties. Later on, I will also be responsible for attracting partner companies in industry to cooperate with us.
Both degree programmes focus on artificial intelligence in their respective specialisations. Who are these degree programmes suitable for – what do you prepare students for?
Both specialisations of the Bachelor's degree programme in Computer Science are well suited for students with a background in STEM subjects who would like to work in the field of AI and smart solutions in the future. They offer excellent career opportunities and appeal to the diverse interests and skills of future graduates. For example, the specialisation ‘AI for Life Science and Medicine’ offers excellent employment opportunities in the application of AI and machine learning in healthcare, biotechnology and medical research, including interdisciplinarity that combines AI with biology, genomics, medical diagnostics, etc. Jobs could include AI researcher in healthcare, medical data scientist or bioinformatician. The specialisation in Automation and AI is suitable for students interested in robotics, intelligent systems, industrial automation and AI integration in manufacturing and production processes – here they could later work as robotics or automation engineers or, for example, data scientists in automation.
The degree programme is a so-called ‘joint programme’ – how does this differ from a ‘double degree programme’?
The main difference between a joint and a double degree programme is that a completely new study programme is created for both universities on a cooperative basis. The programme is coordinated, designed and structured by the partner universities, which means that the courses and content are closely aligned to create a consistent experience.
How will the degree programme be structured, and how many semesters will it take for German and Ukrainian students? How much time will students spend in the other country?
The programme has a modular structure, with core modules (25 per cent), subject modules (33 per cent) and specialisations (elective/compulsory modules, 25 per cent), an internship and a bachelor's thesis (17 per cent), based on the requirements of the F3 Computer Science programme, which is standardised in Ukraine. The degree programme comprises six semesters for German students and eight semesters for Ukrainian students. Depending on their study requirements, students spend about a quarter of their study time abroad. For example, Ukrainian students come to Germany in their final academic year for their industrial internship and bachelor's thesis.
How many students will be able to enrol in the degree programmes?
There are 25 places available per degree programme.
You hope that in the last two semesters, not only Ukrainian students will be able to come to Germany, but that there will also be mobility in the other direction – how could that work?
German students could improve their IT knowledge and skills at Ukrainian IT companies with which NURE cooperates and learn the Ukrainian language and traditions. However, this will only be possible once the war is over.
The degree programme has not yet been officially accredited – what steps have you already taken towards accreditation and when do you think it will officially start in Germany?
The first steps have already been taken. These include the submission and approval of the key issues paper on the development of the degree programme by the Faculty Board and the Executive Committee at TH Wildau. We are currently working with our Ukrainian colleagues to draft the Study and Examination Regulations, which will serve as the basis for accreditation. We plan to start the accreditation process in Germany at the end of September.
The first Ukrainian students will start the new degree programme in the winter semester 25/26. How will that work?
According to the project plan, the first Ukrainian students will begin their studies at NURE in the winter semester of 2025/26. Despite the war and the difficult situation in Kharkiv, the outlook for new students at NURE is very positive, as NURE is one of the leading institutions for training students in the IT sector in Ukraine.
The German school and university system differs from the Ukrainian system; for example, German students attend school for one or two years longer. What is the biggest challenge for you in developing the joint programme? Are there any obstacles?
In my opinion, the biggest challenge in developing a joint German-Ukrainian degree programme in this context is harmonising the admission criteria for the universities. Ukrainian students also need considerable support in finding internships, as students in Ukraine are usually sent by their faculty to do industrial internships and write their final theses.
During their year of attendance, students are required to complete an internship. What companies are you looking for and how do you support students in finding placements?
One of our tasks is to find internships for students. The search focuses primarily on companies in Brandenburg, including companies in the IT, healthcare, biotechnology, robotics and automation sectors.
Can you describe what it is like for you to be involved in this forward-looking project during the war in Ukraine? How do you find support – perhaps beyond the funding – and what is important?
In such a difficult time for the entire Ukrainian population, CoSMoS-NT is not only financial support, but also hope and inspiration for students and teachers. Despite constant rocket attacks, numerous drone attacks and sleepless nights, my colleagues and students continue to study. In addition, the project contributes to the integration of the higher education system into the European educational landscape and, as a pilot project for the development of a joint bachelor's degree programme, lays the foundation for future joint German-Ukrainian degree programmes.
Fachliche Ansprechpersonen
Prof. Dr. Alina Nechyporenko
Fachbereich Ingenieur- und Naturwissenschaften
Tel.: +49 3375 508 252
Mobil-Tel.: +4917659559516
Mail: alina.nechyporenko@th-wildau.de
Prof. Dr. sc. hum. Marcus Frohme
Fachbereich Ingenieur- und Naturwissenschaften
Tel.: +49 3375 508 249
Mail: marcus.frohme@th-wildau.de
Web: http://www.th-wildau.de/molekularbiologie
Haus 16, Raum 2008
Molekulare Biotechnologie und Funktionelle Genomik (Leiter) -
Forschungsprofessur -
Vorsitzender des Senats
Redaktionelle Ansprechperson
Bettina Rehmann
Zentrum für Hochschulkommunikation
Interne/Externe Kommunikation
Tel.: +49 3375 508 354
Mail: bettina.rehmann@th-wildau.de
Web: http:www.th-wildau.de/interne-kommunikation
Haus 21, Raum A102
Sebastian Stoye
Zentrum für Hochschulkommunikation
Interne Kommunikation & Referent der Präsidentin
Tel.: +49 3375 508 340
Mobil-Tel.: +49 15679 158557
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Web: https://www.th-wildau.de/interne-kommunikation/
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