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Exkursion zur Toll Collect GmbH

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Exkursion zur Toll Collect GmbH im Rahmen des Kurses „Einführung in die Verkehrstelematik“

Am 21.11.2025 besuchten Studierende des Kurses „Einführung in die Verkehrstelematik“ im Rahmen einer Exkursion das Unternehmen Toll Collect GmbH. Das seit 2018 bundeseigene Unternehmen erhebt seit 2005 die Mautgebühren von LKW auf mautpflichtigen Straßen. Seit Einführung konnten so 100 Milliarden Euro an Mauteinnahmen für den Bundeshaushalt generiert werden.

Die LKW-Maut wird in Deutschland auf 51.000 Kilometern Autobahnen und Bundesstraßen erhoben. Mautpflichtig sind Fahrzeuge über 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht, welche Güter transportieren. Für spezielle Fahrzeuge wie z. B. Schaustellerfahrzeuge sowie für Arbeitsfahrzeuge, die keine Güter transportieren, gelten Ausnahmen von der Mautpflicht. Somit fahren auf deutschen Bundesstraßen im Jahr etwa 1,4 Millionen verschiedene mautpflichtige LKW, die eine jährliche Fahrleistung von insgesamt rund 40 Milliarden Kilometern erbringen.

Ziel der Maut ist es, die größten Verursacher der Abnutzung und der Schäden an den Straßen stärker für die entstehenden Kosten von Bau und Instandhaltung der Verkehrsinfrastruktur aufkommen zu lassen. So beanspruchen schwere LKW die Straßen um ein Zehntausendfaches gegenüber einem gewöhnlichen PKW. Ein weiteres Ziel der Mauterhebung ist das Schaffen von Anreizen zur Modernisierung der LKW-Flotte. Dafür werden LKW mit größerem Schadstoffausstoß höher bepreist als umweltverträglichere Fahrzeuge.

Das Zahlen der Maut kann mittels automatischem Verfahren über eine On-Board Unit (OBU) oder manuell erfolgen. Die On-Board Unit ist unter anderem mit einem GNSS-Ortungsgerät ausgerüstet, mit dessen Hilfe die Fahrtroute automatisch mittels Geofences ermittelt wird. Werden bestimmte Geofences nacheinander ausgelöst, wurde der entsprechende Streckenabschnitt befahren. Somit müssen Fahrer lediglich Änderungen der Fahrzeugmerkmale vor Fahrtbeginn eingeben und es sind keine Handlungen während der Fahrt notwendig. Die Lkw-Maut kann in Deutschland mit OBUs von Toll Collect und mit OBUs von Anbietern des Europäischen Elektronischen Mautdienstes (EETS) entrichtet werden. Um sicherzustellen, dass die Maut ordnungsgemäß gezahlt wird, setzt das Bundesamt für Logistik und Mobilität einen Kontrollmix ein, zu dem auch Kontrollbrücken und -säulen gehören. Die Kontrolleinrichtungen kommunizieren mit den On-Board Units und stellen fest, wenn es Unregelmäßigkeiten gibt. Desweiteren sind die Kontrollfahrzeuge des Bundesamts für Logistik und Mobilität mit ähnlichen Kontrollgeräten ausgestattet.

Um den Prozess für Fahrer und Fahrzeugbetreiber in Zukunft weiter zu vereinfachen, wird derzeit eine Anwendung für Mobiltelefone entwickelt, die besonders für Gelegenheitsfahrer geeignet ist. Die Funktionen wie GPS-Ortung und Übertragen der Daten zu Toll Collect können mit modernen Mobiltelefonen bereits problemlos bereitgestellt werden. Auch hierfür sind jedoch umfangreiche Tests erforderlich, um die Ausfallsicherheit zu gewährleisten. Da es sich bei der Mauterhebung um ein verpflichtendes Verfahren handelt, gibt es erhöhte Anforderungen an die Funktionalität und Sicherheit in allen denkbaren Situationen, um Rechtssicherheit zu gewährleisten. Daher werden alle Geräte, Systeme und Softwareupdates vorher ausgiebig getestet. Dazu stehen der Toll Collect GmbH auch mehrere Simulationsumgebungen zur Verfügung, um in realitätsnahen Umgebungen testen zu können, ohne die Nachteile von Tests in der echten Welt zu haben.

Auch für die Verkehrsforschung sind die Daten aus der Mauterhebung sehr wertvoll. Die umfangreichen Daten zum LKW-Verkehr werden unter anderem im Lkw-Verkehrsportal von Toll Collect veröffentlicht. Die Veröffentlichung erfolgt grundsätzlich anonymisiert, gerundet und mit zeitlicher Verzögerung, um Rückschlüsse auf einzelne Fahrten auszuschließen.

Diese Daten sind auch zentraler Bestandteil der neu entwickelten Anwendung Stellplatz-Informationsdienst. Hier wird die Belegung von Lkw-Parkplätzen auf den Autobahn-Raststätten für Fahrer und Disponenten in den Transportunternehmen zugänglich gemacht. Die Belegung der Raststätten wird über die Zählung der Fahrzeuge in einem Geofence um die Raststätte errechnet. Seit langem reichen die Parkkapazitäten für LKW auf Raststätten nicht mehr aus. Dies führt dazu, dass viele Fahrer länger als eine Stunde mit der Parkplatzsuche verbringen. Der Stellplatz-Informationsdienst hilft dabei, die Lkw besser auf die vorhandenen Rastanlagen zu verteilen. Mit der Anwendung kann also mittels öffentlich zugänglicher Daten eine Verbesserung für LKW-Fahrer angeboten werden, deren Parkplatzsuche dadurch erleichtert wird. Somit können auch die Fahrer selbst von den in der Mauterhebung generierten Daten profitieren.

Wir bedanken uns herzlich bei Herrn Blankenburg, seinem Team sowie den Kollegen der Toll Collect GmbH für die informativen Vorträge und die Gelegenheit, mehr über die Herausforderungen bei der Umsetzung eines umfangreichen Systems der Verkehrstelematik zu erfahren.

 

(Text: Tom Winkler, Student Verkehrssystemtechnik)